Netzwerkarbeit
Am 26.09. kam der Runde Tisch Frauen Mädchen und Gesundheit der Region Hannover zusammen. Zu Gast war Dr.in Franziska Prütz vom Robert Koch-Institut Berlin, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring. Sie stellte zentrale Ergebnisse aus dem Bericht zur gesundheitlichen Lage der Frauen in Deutschland vor, der am 09. März 2023 zum Weltfrauentag veröffentlicht wurde. Dabei ging sie unter anderem auf die hohen Kaiserschnittraten von über 30% in Deutschland und auf die bei ca. 8% stagnierende Frühgeburtenrate ein. Als wichtige Einflussfaktoren für die Gesundheitschancen benannte sie Bildung, Einkommen, Erwerbsstatus, Migrationshintergrund, Alter, Familienform und sexuelle Orientierung.
Ein nächster Input kam von Susanne Huhndorf, die in ihrer Funktion als Kreissprecherin sowie 2. Vorsitzende des Niedersächsischen Hebammenverbandes von der HENRIKE, dem in Entstehung befindlichen neuen geburtshilflichen Zentrum in Hannover, berichtete. Trägerin dieses neuen Zentrums ist die Diakovere, die derzeit im Stadtgebiet die geburtshilflichen Abteilungen Friederikenstift (Level 4-Klinik) und Henriettenstift (Level 1-Klinik) betreibt. Mit der Eröffnung der HENRIKE, die für das Jahr 2024 geplant wird, sollen diese beiden Kliniken zusammengeführt werden. Die Teilnehmenden des Runden Tisches zeigten großes Interesse an der Thematik und möchten zu ihrem nächsten Treffen, das voraussichtlich im Februar 2024 stattfinden wird, die Referentin der HENRIKE, Susanne von Stern einladen, um sich aus erster Hand über das geplante Konzept zu informieren.
Eine weitere wichtige Information war, dass der Ausschuss für Soziales, Wohnungswesen, Gesundheit und Teilhabe der Region Hannover grünes Licht gegeben hat, den seit 2022 bestehenden Gesundheitsfond, der Menschen ohne Krankenversicherung unterstützt, in Kürze um einen Geburtenfond zu erweitern. Schwangere Frauen, die seit mindestens drei Monaten in der Region Hannover leben und keinen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Versorgung aus der Krankenversicherung oder dem Sozialrecht haben, können mit einer Bescheinigung der Clearingstelle auf diesen Topf zugreifen und so eine reguläre geburtshilfliche Versorgung in Anspruch nehmen. Bis 2026 sind hier – vorbehaltlich einer positiven finalen Entscheidung durch die Regionsversammlung - 180.000 Euro eingeplant.
Nicole Ruiz Garcia vom Jobcenter Hannover stellte kurz das Projekt „Mütter starten durch“ vor und wies darauf hin, dass noch weitere Maßnahmen, z.B. auch für Migrant:innen, angeboten werden. Bei Interesse kann gern Kontakt zu ihr aufgenommen werden.
Die Austauschrunde der Berufsverbände der Hebammen und der Frauen- und Kinderärzt:innen, die vom Aktionsbüro koordiniert und moderiert wird, kam im Oktober erneut zusammen. Es wurde weiter über die Möglichkeit der Implementierung eines Schulfaches Gesundheit an Regelschulen zur Umsetzung des 6. Nationalen Gesundheitsziels Gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung diskutiert und das weitere Vorgehen hierzu abgesprochen. Weiterhin wurde das Themenfeld der Förderung physiologischer Geburten gemeinsam diskutiert.
Der enge Austausch mit dem Aktionsbündnis Gesundheit rund um die Geburt und den Sprecherinnen findet weiterhin statt. In den Austauschtreffen wird gemeinsam überlegt, wie das Thema Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen weiter vorangebracht werden kann.
Im November gab es ein persönliches Treffen mit den neuen Netzwerkpartner:innen aus der Beratungsstelle Menschenskind der Diakovere Leben und Lernen gGmbH. Die Beratungsstelle gibt es nun seit fast 10 Jahren. Gegründet wurde sie aus der Notwendigkeit heraus, Paare zu beraten, die sich mit der Thematik des späten Schwangerschaftsabbruchs auseinandersetzen müssen. Den Weg in die Beratungsstelle finden werdende Eltern von Kindern mit einer durch pränatale Diagnostik festgestellte Besonderheit auf Anraten ihrer Ärzt:innen oder auch durch eigene Recherche. Manche haben dann bereits eine Entscheidung getroffen. Aber häufig ist eine Ambivalenzberatung notwendig, weil eine Möglichkeit noch gar nicht sichtbar war (ist). Andere Paare nutzen eine Beratung, um überhaupt miteinander ins Gespräch zu kommen und eine gemeinsam tragbare Entscheidung zu fällen.
Die Basis für ein bedarfsgerechtes Konzept für die Arbeit mit den betroffenen Eltern wurde aufgrund einer internen ethischen Diskussion entwickelt. Dabei wurde der moralische Konflikt eines diakonischen Unternehmens deutlich, das einerseits Schwangerschaftsabbrüche nach medizinischer Indikation der Mütter durchführt und andererseits diverse Angebote für Menschen mit Behinderungen bereitstellt. Neben dem Beratungsbedarf der Schwangeren wurde auch eine Versorgungslücke im Unterstützungssystem bei Familien, die ein Kind mit Behinderung bekommen haben, deutlich. Aus diesem Grund ist die verlässliche Begleitung von Familien in den ersten drei Lebensjahren entstanden. Dabei spielt es keine Rolle, wann die Behinderung erstmalig festgestellt wurde.
Das niedrigschwellige Angebot steht allen Familien, die in Hannover oder der Region leben, offen. Die Beraterinnen bieten Hausbesuche an, lotsen im Unterstützungssystem, entlasten durch Gespräche und unterstützen bei ersten Beantragungen (z.B. Schwerbehindertenausweis, Pflegegrad oder Frühförderung). Viele der Eltern haben einen Migrationshintergrund und z.T. auch Sprachbarrieren. Der Kontakt kommt in den meisten Fällen durch Vermittlung von Kinderkliniken (Ärzt:innen, Sozialdienste oder sozialmedizinische Nachsorge) zustande. Auch mit einer Schwerpunktpraxis zur Pränatalen Diagnostik und Humangenetik, den Selbsthilfevereinen, den Frühförder:innen und Fachkräften der Frühen Hilfen sowie Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen arbeitet Menschenskind eng zusammen. Hier zeigt sich, dass insbesondere die „Übergabe aus der warmen Hand“ sehr hilfreich ist, um die Familien nicht zu verlieren. Neben der Beratung und Begleitung durch die Beraterinnen von Menschenskind gibt es auch eine Elterngruppe, in der Austausch stattfinden kann. Auf Wunsch werden auch Elternpaare direkt miteinander in Kontakt gebracht. Das Angebot wird abgerundet durch Seminare, wie z.B. Mütter-Verwöhn-Tage von und mit Ulrike Baumann und gemeinsame Familienaktionen, die alle aus Spendenmitteln finanziert werden. Die grundsätzliche Leistung wird gefördert durch das Diakonische Werk in Niedersachen, die Landeshauptstadt Hannover und die Region Hannover.
Das nächste länderübergreifende Austauschtreffen der mit der Umsetzung des 9. Nationalen Gesundheitsziels befassten Stellen fand im digitalen Format kurz vor dem Nikolaustag statt. Inhaltlich ging es um die Umsetzung der Nationalen Stillstrategie. Weiterhin wird für das Jahr 2024 ein Austauschtermin in Präsenz angestrebt.