█ WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
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Temporal trends in microplastic accumulation in placentas from pregnancies in Hawaiʻi (Zeitliche Trends in Bezug auf die Anreicherung von Mikroplastik in Plazenten aus Schwangerschaften auf Hawaii)
Rodrigo Barbano Weingrill, Men-Jean Lee, Paula Benny et al.
An der Universität von Hawaii hat ein Forscher:innenteam jeweils 10 Proben von gefrorenem Plazentagewebe aus den Jahren 2006 und 2013 und 10 frische Proben aus dem Jahr 2021 auf Mikroplastik (MP) untersucht. Dabei konnte sowohl bezüglich der Menge (von durchschnittlich 4,1 Plastikpartikel in sechs der untersuchten 10 Proben von jeweils 50 g Plazentagewebe im Jahr 2006 auf durchschnittlich 15,5 Partikel in allen zehn Proben im Jahr 2021) als auch der Größe der Plastikpartikel (von 2,82 µm im Jahr 2006 auf 15,14µm in 2021) ein Anstieg festgestellt werden. Die meisten Partikel waren transparent. Auch die Zusammensetzung der Plastikpartikel veränderte sich im Laufe der Jahre. In den Proben aus dem Jahr 2006 dominierte Polypropylen (22,73 %) vor Polyester (22,73 %), Polyvinylchlorid (18,18 %), Polyurethan (13,64 %) und Polyethylenvinylacetat (9,09 %). Im Jahr 2021 war der Anteil von Polyester (13,41 %) am höchsten vor Polyethylenterephthalat (12,19 %), Polyethylenvinylacetat (12,19 %) und Polypropylen (10,97 %).
Die Ergebnisse zeigen über einen Zeitraum von 15 Jahren einen alarmierenden Anstieg sowohl bzgl. der Anzahl der Plazenten, die MP-Partikel enthalten, als auch bzgl. der Menge der MP pro Keimblatt und der MP-Partikelgröße. Dieser Anstieg geht einher mit der Zunahme der weltweiten Kunststoffproduktion, des Konsums und der Umweltverschmutzung. Da die Bevölkerung von Hawaii aufgrund des hohen Fischkonsums (starke Belastung mit Plastikpolymeren durch belastete Meere), des hohen Anteils von importierten landwirtschaftlichen Produkten in Plastikverpackungen und Müllverbrennung aufgrund von fehlenden Recyclingzentren einer besonders hohen Exposition mit Plastikpolymeren ausgesetzt ist, lassen sich diese Zahlen nicht ohne weiteres auf andere Teile der Weltbevölkerung übertragen. Dennoch ist die Tendenz beunruhigend. Zudem ist die Stichprobengröße sehr klein und lässt bisher keine Rückschlüsse auf mögliche Gesundheitsprobleme zu, die sich aus der Ansammlung von MP während der Schwangerschaft für Mutter und/oder Kind ergeben könnten. Interessant ist in jedem Fall die im Fazit beschriebene Möglichkeit, aus menschlichen Plazenten ein internationales nicht-invasives Echtzeit-Überwachungssystem für die Umweltverschmutzung durch Plastik und die Exposition während der Schwangerschaft zu entwickeln.
Die Arbeit ist in Environment International erschienen und ist über Elsevier kostenlos im Volltext erhältlich.
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Epidemiologisches Bulletin – Aktuelle Daten und Informationen zu Infektionskrankheiten und Publik Health
Robert Koch Institut
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat im Epidemiologischen Bulletin 3/24 ihre geänderte Standard-Empfehlung zur Indikationsstellung für die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B (MenB) veröffentlicht. Neben Menschen mit spezifischen Grunderkrankungen, beruflich gefährdeten Personen und Reisenden in Hochendemiegebiete wird die Impfung nun auch für Säuglinge und Kleinkinder unter 5 Jahre empfohlen. Säuglinge sollen im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten drei Impfdosen mit dem Impfstoff 4CMenB (Bexsero) nach dem 2+1 Schema erhalten, da das Risiko für eine invasive MenB-Erkrankung nach Angaben der Kommission im ersten Lebensjahr am höchsten ist. Bis zum fünften Geburtstag wird für alle bisher noch nicht geimpften Kinder die Nachholimpfung empfohlen. Zur Vermeidung von Fieber und Schmerzen wird begleitend zur Impfung eine prophylaktische Paracetamol-Gabe empfohlen.
In den vergangenen fünf Jahren erkrankten in Deutschland im Mittel jährlich 3,5 pro 100.000 Säuglinge und 1,0 pro 100.000 Kleinkinder im Alter von einem bis vier Jahren an einer invasiven MenB. Damit ist die Erkrankung zwar insgesamt sehr selten, verläuft aber häufig sehr schwer und hat eine Letalität von etwa acht Prozent. Zudem leiden Überlebende häufig an Langzeitfolgen wie Hydrocephalus, Hörverlust, Epilepsie, psychischen Störungen, chronischem Nierenversagen, Amputationen und einer insgesamt verminderten Lebensqualität.
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Electronic cigarettes versus nicotine patches for smoking cessation in pregnancy: a randomized controlled trial (E-Zigaretten versus Nikotinpflaster zur Rauchentwöhnung in der Schwangerschaft: eine randomisierte kontrollierte Studie)
Peter Hajek, Dunja Przulj, Francesca Pesola et al.
Eine Schwangerschaft ist für Frauen oft ein guter Zeitpunkt, das Rauchen aufzugeben, um ihre eigene Gesundheit zu schützen. Gleichzeitig können sie so auch die Startchancen ihres Kindes verbessern, denn Rauchen in der Schwangerschaft führt zu einem niedrigeren Geburtsgewicht, erhöht das Risiko für eine vorzeitige Plazentalösung sowie für Fehl- oder Frühgeburten und auch für den plötzlichen Kindstod. Da aber auch in der Schwangerschaft die Sucht häufig stärker ist als die guten Vorsätze, wurden in diversen randomisierten Studien Nikotinpflaster zur Unterstützung der Rauchentwöhnung eingesetzt. Obwohl alle Studien zeigten, dass die Nikotinpflaster und auch andere Ersatzprodukte in der Schwangerschaft sicher sind, wurde in Tierversuchen eine embryotoxische bzw. teratogene Wirkung beobachtet, so dass die Präparate in Deutschland in die Schwangerschaftskategorie 6 fallen, aus der sich eine relative Kontraindikation ableiten lässt. Zudem zeigte sich eine unregelmäßige Verwendung der Pflaster durch die Schwangeren, weshalb die Chancen auf den Rauchstopp in den Studien als eher gering beschreiben wurde. In der SNAP-Studie („Smoking, Nicotine, and Pregnancy“) lag die Compliance bei nur 7,2 %. Die ärztliche Verordnung der Pflaster erfolgte aus diesen Gründen oft nur ungern.
Eine randomisierte Studie des Wolfson Institute of Population Health in London, die 2018/19 an 24 Zentren durchgeführt wurde und 1.140 Schwangere mit der Bereitschaft zur Abstinenz einschloss, zeigte, dass eine unterstützende Behandlung mit E-Zigaretten häufiger zum Erfolg bei der Rauchentwöhnung führte als die Substitution mit Nikotinpflastern. Zudem war die Compliance der E-Zigaretten höher: 47,3 % nutzten die E-Zigaretten im Verlauf der Schwangerschaft, während nur 21,6 % die Nikotinpflaster verwendet hatten. Gegen Ende der Schwangerschaft war die Nutzungsrate aber auf 33,8 % versus 5,6 % abgefallen. Die Effektivität der Nikotinsubstitution war bedauerlicherweise insgesamt gering. In der E-Zigaretten-Gruppe schafften es gerade 6,8 % der Schwangeren, ganz auf das Rauchen zu verzichten. In der Nikotinpflaster-Gruppe waren es sogar nur 3,6 %. Die Studienergebnisse wurden 2022 in Nature Medicine veröffentlicht und sind im Volltext zugänglich. Eine sekundäre Analyse ist 2023 veröffentlicht worden und ebenfalls im Volltext erhältlich.
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Effect of alternatively designed hospital birthing rooms on the rate of vaginal births: Multicentre randomised controlled trial Be-Up (Einfluss alternativ gestalteter Krankenhaus-Geburtsräume auf die Rate vaginaler Geburten: Multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie Be-Up)
Getrud M. Ayerle, Elke Mattern, Sabine Striebich et al.
Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte klinische Studie „Effekte der Geburtsumgebung auf den Geburtsmodus und das Wohlbefinden von Frauen am Geburtstermin: eine randomisiert kontrollierte Studie (RCT) (Be-Up)“ untersuchte von April 2018 bis Mai 2021 in 22 deutschen Krankenhäusern, ob die Umgebung und Ausstattung des Gebärraums den Verlauf einer Geburt beeinflussen. Zudem wurde untersucht, ob sich eine aufrechte Geburtsposition auf das Gefühl der Selbstbestimmtheit von gebärenden Frauen auswirkt. Die Ergebnisse zeigten, dass die alternative Geburtsumgebung die aufrechte Haltungen und Bewegung während der Wehen fördert und die Rate vaginaler Geburten erhöhte. 3.719 Teilnehmerinnen konnten für die Studie gewonnen werden. Etwa 89 % der Kinder wurden im alternativ ausgestatteten Gebärraum (Be-Up-Raum) vaginal geboren, im Vergleich zu einer durchschnittlichen Rate von 74 % in herkömmlichen Kreißsälen. Überraschend sank jedoch auch in der Kontrollgruppe, die in herkömmlichen Kreißsälen geboren hatte, die Kaiserschnittrate deutlich, und der Anteil natürlicher Geburten stieg. Zudem konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen den mütterlichen Körperpositionen während der Wehen und dem Empfinden von Selbstbestimmtheit bei den Frauen nachgewiesen werden. Die Forscher:innen betonen jedoch, dass die Ergebnisse darauf hinweisen, dass die Gebärumgebung allein keinen unabhängigen Effekt auf die Rate vaginaler Geburten hat. Vielmehr spielen die Motivation der Frauen und des medizinischen Personals zu einer vaginalen Geburt sowie die Aufklärung eine entscheidende Rolle. Die Studienergebnisse sind im Volltext zugänglich. Weitere Informationen zur Be-Up-Studie finden sich auf der Seite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
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